Dieses Bein war beim RollingStones Konzert! |
Der
Mensch an sich, ist ein Wesen, welches vorwiegend mit den Augen registriert,
wie sein Gegenüber auf ihn wirkt. Der erste Blick fällt unterschiedlich aus.
Der eine sieht einem ins Gesicht, der andere betrachtet die jeweiligen
Attribute, die ihn ins Auge fallen, wie z.B. das Hinterteil, die Augen, die
Haare, der Busen usw. Das ist bei Mann und Frau divergent.
Einige
Leute sehen wenig bis überhaupt nicht hin. Wenn er etwas Ungewöhnliches
entdeckt, sieht er dieses vielleicht. Wie in meinem Fall, derzeit einen
Gipsverband an meinem linken Bein. Dieser reicht vom Knie bis zu den Zehen. Und
ich wurde schon, das eine oder andere Mal, darauf angesprochen...
Ein
besonderer Blickfang, war dieses linke Bein, auf dem Konzert der Rolling
Stones. Ein Freund hatte mir die RS-Zunge auf den Gips gemalt. Etliche Male
wurde ich sogar damit fotografiert. Ich war erstaunt und erfreut über die
Anteilnahme und das Interesse. Derartige Aufmerksamkeit schmeichelt meinem Ego.
Ich könnte nicht behaupten, dass es unangenehm war.
Diese
interessierte Zuneigung fehlt jedoch Menschen, welche es aus unterschiedlichen
Gründen, schwer haben, offensiv und aktiv mit Menschen zu kommunizieren. Eine
Krankheit, die einem in die Einsamkeit verbannt. Eine Krankheit, eine Wunde,
die man äußerlich nicht erkennt. Weil diese Krankheit unsichtbar in der Seele
von statten geht. Durch unterschiedliche Ursachen und Hintergründe verursacht.
Unzählige Stürze und Schläge im Leben, die sich unendlich schmerzhaft als
schwarze Flecken in die nackte Seele tätowieren. Nach und nach betäuben sie
Deine Lebensfreude. Tief verborgen, verhüllt in den dunklen Ecken des Kopfes. Und
weil sie so mysteriös im Mensch schlummert, wird sie von anderen Menschen nicht
wirklich registriert. Und ich denke, manche wollen es gar nicht sehen oder
bemerken. Weil es für sie unerklärlich und nicht nachvollziehbar ist.
Einige
meinen wohl auch, dass alles nur eine Frage von Disziplin und Lebenseinstellung
sei. Da kann ich nur teilweise zustimmen. Ratschläge, Tipps und
Lebensanleitungen kommen und man steht ratlos davor. Man kann damit im
Augenblick nichts anfangen. Sie fallen ins Leere. Wenn man ein Bein gebrochen
hat, muss man gewisse Hinweise des Arztes beachten und nach der Gipsabnahme,
das Bein wieder aktivieren. Stärken in Form von Physiotherapie z.B. Wenn die
Seele krank ist, welches Training gibt es da? Psychotherapie, Reha-Klinik,
Selbsthilfegruppen oder andere therapeutische Maßnahmen. Geduld ist angebracht.
Soziale Kontakte zu pflegen war vor dieser Zeit, nicht wirklich schwierig für
mich. Doch in den vergangenen Jahren, wurde es immer anstrengender und fast
unmöglich, mich meiner Umgebung zu widmen. Ich machte mich unsichtbar und wurde
dadurch wohl auch nicht mehr wahrgenommen. Ein teuflisches Perpetuum mobile.
Rein vom Verstand, ein Kreislauf, der sich ohne weiteres durchbrechen ließe,
doch der unsichtbare Gips zwingt mich in die Knie. Ich sitze, sozusagen als
Emotionskranke im Rollstuhl ohne Räder.
Etliche
Barrieren stehen im Weg. Vor allem die Furcht vor Unverständnis, Abneigung,
Widerstand und Gegenwind. Als vor gut einem Monat, der Gips abgenommen wurde,
versuchte ich wieder zu gehen. Kaum noch benutzte ich eine Krücke dafür. Doch
dann knallte ich mit voller Wucht wieder auf das verletzte Bein. Der zweite
Gips ziert wieder mein linkes Bein. Liegen und zwei Krücken sind wieder
angesagt. Ohne Hilfe und Unterstützung schaffe ich gerade die kurzen Wege in
meinen eigenen vier Wänden. So scheint es auch mit der psychischen Wunde zu
sein, ohne Mitwirkung von außen, werde ich kaum mehr hoch kommen. So mein
Eindruck. Die von mir bevorzugten Heilmittel: Musik, meine Malerei,
Alltagsphilosophie verfassen, lernen, recherchieren, neugierig sein und Menschen,
die gerne nachhaltiger betrachten. Sehen, auch wenn es nicht sofort ins Auge
fällt. Manchmal muss man auch hinter die Kulissen sehen, um zu verstehen. Für
mich steht oft der Hintergrund im Fokus. Ich denke, wir sind durch die Flut an
äußeren Eindrücken, derart überfordert, dass es nicht leicht fällt, zu
selektieren.
Wie
sagt man so schön, wer die Wahl hat, hat die Qual. Jedoch, kann sich durch eine
wohlbedachte, mit etwas mehr Zeit verbundene Betrachtung, überraschend
auswirken. Im Augenblick, akzeptiere ich meinen „Gips“, auch wenn er nicht mit
dem tollen Rolling-Stones – „Schlecker“ verziert ist. Mag ja sein, dass dieses
freche Emblem, noch tief in mir schlummert und eines Tages wieder zum Vorschein
kommt. Bis dahin, humple ich weiter durchs Leben, und hoffe von ganzen Herzen,
dass ich in Zukunft, so wenig wie möglich auf den Boden knalle Das Aufstehen
und vor allem das Gehen, kostet mich schon zu viel zu viel Energie. Meine
Ressourcen neigen sich dem Ende entgegen und ich habe oft den Eindruck, mir
läuft die Zeit davon. Schneller, als ich es kaum erfassen kann, in meiner
langsamen und kleinen Welt. Eine Zelle, die ab und an, auch ein Platz für
aufmerksame Menschen hat. Vielen lieben Dank für den geistigen Blick auf meine
Zeilen!
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