Donnerstag, 17. Juli 2014

Ein Gipsfuß - kein Beinbruch (Die unsichtbare Wunde)

Dieses Bein war beim RollingStones Konzert!





















Der Mensch an sich, ist ein Wesen, welches vorwiegend mit den Augen registriert, wie sein Gegenüber auf ihn wirkt. Der erste Blick fällt unterschiedlich aus. Der eine sieht einem ins Gesicht, der andere betrachtet die jeweiligen Attribute, die ihn ins Auge fallen, wie z.B. das Hinterteil, die Augen, die Haare, der Busen usw. Das ist bei Mann und Frau divergent.
Einige Leute sehen wenig bis überhaupt nicht hin. Wenn er etwas Ungewöhnliches entdeckt, sieht er dieses vielleicht. Wie in meinem Fall, derzeit einen Gipsverband an meinem linken Bein. Dieser reicht vom Knie bis zu den Zehen. Und ich wurde schon, das eine oder andere Mal, darauf angesprochen...
Ein besonderer Blickfang, war dieses linke Bein, auf dem Konzert der Rolling Stones. Ein Freund hatte mir die RS-Zunge auf den Gips gemalt. Etliche Male wurde ich sogar damit fotografiert. Ich war erstaunt und erfreut über die Anteilnahme und das Interesse. Derartige Aufmerksamkeit schmeichelt meinem Ego. Ich könnte nicht behaupten, dass es unangenehm war.
Diese interessierte Zuneigung fehlt jedoch Menschen, welche es aus unterschiedlichen Gründen, schwer haben, offensiv und aktiv mit Menschen zu kommunizieren. Eine Krankheit, die einem in die Einsamkeit verbannt. Eine Krankheit, eine Wunde, die man äußerlich nicht erkennt. Weil diese Krankheit unsichtbar in der Seele von statten geht. Durch unterschiedliche Ursachen und Hintergründe verursacht. Unzählige Stürze und Schläge im Leben, die sich unendlich schmerzhaft als schwarze Flecken in die nackte Seele tätowieren. Nach und nach betäuben sie Deine Lebensfreude. Tief verborgen, verhüllt in den dunklen Ecken des Kopfes. Und weil sie so mysteriös im Mensch schlummert, wird sie von anderen Menschen nicht wirklich registriert. Und ich denke, manche wollen es gar nicht sehen oder bemerken. Weil es für sie unerklärlich und nicht nachvollziehbar ist.
Einige meinen wohl auch, dass alles nur eine Frage von Disziplin und Lebenseinstellung sei. Da kann ich nur teilweise zustimmen. Ratschläge, Tipps und Lebensanleitungen kommen und man steht ratlos davor. Man kann damit im Augenblick nichts anfangen. Sie fallen ins Leere. Wenn man ein Bein gebrochen hat, muss man gewisse Hinweise des Arztes beachten und nach der Gipsabnahme, das Bein wieder aktivieren. Stärken in Form von Physiotherapie z.B. Wenn die Seele krank ist, welches Training gibt es da? Psychotherapie, Reha-Klinik, Selbsthilfegruppen oder andere therapeutische Maßnahmen. Geduld ist angebracht. Soziale Kontakte zu pflegen war vor dieser Zeit, nicht wirklich schwierig für mich. Doch in den vergangenen Jahren, wurde es immer anstrengender und fast unmöglich, mich meiner Umgebung zu widmen. Ich machte mich unsichtbar und wurde dadurch wohl auch nicht mehr wahrgenommen. Ein teuflisches Perpetuum mobile. Rein vom Verstand, ein Kreislauf, der sich ohne weiteres durchbrechen ließe, doch der unsichtbare Gips zwingt mich in die Knie. Ich sitze, sozusagen als Emotionskranke im Rollstuhl ohne Räder.
Etliche Barrieren stehen im Weg. Vor allem die Furcht vor Unverständnis, Abneigung, Widerstand und Gegenwind. Als vor gut einem Monat, der Gips abgenommen wurde, versuchte ich wieder zu gehen. Kaum noch benutzte ich eine Krücke dafür. Doch dann knallte ich mit voller Wucht wieder auf das verletzte Bein. Der zweite Gips ziert wieder mein linkes Bein. Liegen und zwei Krücken sind wieder angesagt. Ohne Hilfe und Unterstützung schaffe ich gerade die kurzen Wege in meinen eigenen vier Wänden. So scheint es auch mit der psychischen Wunde zu sein, ohne Mitwirkung von außen, werde ich kaum mehr hoch kommen. So mein Eindruck. Die von mir bevorzugten Heilmittel: Musik, meine Malerei, Alltagsphilosophie verfassen, lernen, recherchieren, neugierig sein und Menschen, die gerne nachhaltiger betrachten. Sehen, auch wenn es nicht sofort ins Auge fällt. Manchmal muss man auch hinter die Kulissen sehen, um zu verstehen. Für mich steht oft der Hintergrund im Fokus. Ich denke, wir sind durch die Flut an äußeren Eindrücken, derart überfordert, dass es nicht leicht fällt, zu selektieren.
Wie sagt man so schön, wer die Wahl hat, hat die Qual. Jedoch, kann sich durch eine wohlbedachte, mit etwas mehr Zeit verbundene Betrachtung, überraschend auswirken. Im Augenblick, akzeptiere ich meinen „Gips“, auch wenn er nicht mit dem tollen Rolling-Stones – „Schlecker“ verziert ist. Mag ja sein, dass dieses freche Emblem, noch tief in mir schlummert und eines Tages wieder zum Vorschein kommt. Bis dahin, humple ich weiter durchs Leben, und hoffe von ganzen Herzen, dass ich in Zukunft, so wenig wie möglich auf den Boden knalle Das Aufstehen und vor allem das Gehen, kostet mich schon zu viel zu viel Energie. Meine Ressourcen neigen sich dem Ende entgegen und ich habe oft den Eindruck, mir läuft die Zeit davon. Schneller, als ich es kaum erfassen kann, in meiner langsamen und kleinen Welt. Eine Zelle, die ab und an, auch ein Platz für aufmerksame Menschen hat. Vielen lieben Dank für den geistigen Blick auf meine Zeilen!


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